Lesetipp: ‘Angeschlossen’ sein

Monika Renz hat 2016 ein eigenwilliges Jesus-Buch unter dem Titel “Der Mystiker aus Nazareth” veröffentlicht, das ich wärmstens empfehlen möchte.
Seit fast zwei Jahrzehnten leitet Renz die Psychoonkologie am Kantonsspital St. Gallen und hat in dieser Funktion viele Menschen im Grenzbereich zwischen Leben und Tod therapeutisch und spirituell begleitet. Die Glaubenserfahrungen, die ihr selbst und ihren Patienten dabei geschenkt wurden, haben letztlich zu diesem Buch geführt. Mit seltener Einfühlsamkeit und sprachlicher Klarheit deutet es Jesu Werdegang, Schicksal und Bedeutung therapeutisch aus.

Intensität der Gottesbeziehung Jesu
Der Schlüssel für die Einzigartigkeit Jesu ist für Renz in der Intensität seiner Gottesbeziehung zu sehen, die sie als mystisch versteht. “Er war an Gott ‘angeschlossen’, innig mit ihm verbunden.” – “Er war verankert, ja verwurzelt im himmlischen Vater … Weil von keinerlei Blockaden, Ängsten und Narzissmen von der göttlichen Energie abgeschnitten, konnte er aus Gott selbst heraus leben. Der Vater war ihm Kraftquelle.”
In immer neuen Bildern wird Jesu Beziehung zu Gott beschrieben: “Er war die gelebte Einheit mit dem Vater und ist darin selbst Antwort auf Gottesferne und Angst. Modern gesprochen war Jesus ‘Urvertrauen in Person’.” Dieses mystische Bild vom Angeschlossensein an die Fülle des Lebens im Mystiker Jesus hat mich sehr berührt und Glaubensressourcen in mir wieder bewusst gemacht.

Den Spuren des Mystikers folgen
Tief berührt hat mich auch, wie Passion und Kreuzestod Jesu von Renz beschrieben werden als Liebe in äußerster Konsequenz. Besonders beeindruckt hat mich der Schlusssatz des zehnten Kapitels: “Mit Jesus kam ein Schub von Bewusstwerdung in die Welt, ein Impuls zur menschlichen Selbstwerdung.” Mein tiefer Wunsch ist es, den Spuren dieses Mystikers aus Nazareth weiter zu folgen und ‘angeschlossen’ zu bleiben an die Heilkraft seiner unsterblichen Liebe zum Vater und zu uns.

Text: Volker Ohme