Ich wollte etwas mit Sinn machen!

 

Margret Diedenhofen, examinierte Erzieherin, wohnt seit 1989 in Hennef und hat mit der Konfirmation ihres Sohnes engeren Kontakt zu unserer Kirchengemeinde aufgebaut. Sie arbeitet gern mit Menschen und ist seit nunmehr zehn Jahren als Gemeindeschwester tätig. Anlässlich ihres Dienstjubiläums sprach sie mit Michael Heider über ihre Arbeit.

Wie wird man Gemeindeschwester?
Ab 2001 war ich im Besuchsdienst im Helenenstift tätig. Die Zuwendung und Hingabe in der Seniorenarbeit hat mir viel Freude und Erfüllung gegeben. Dort habe ich meine tiefere Bestimmung gefunden. Ich habe dann auch im Presbyterium mitgewirkt, insbesondere im Diakonie-Ausschuss. Als dann meine Vorgängerin aufhörte, wurde ich eines Tages gefragt, ob ich diese Stelle nicht übernehmen wolle. Vom Arbeitgeber Kirche wurde ich auf die für mich neuen Anforderungen durch Ausbildung zur Seelsorgerin und zur Geistlichen Begleiterin sehr gut vorbereitet. Ich bin dankbar, zu einem Team zu gehören, in dem wir uns gegenseitig stärken und zuarbeiten, denn die Seelsorge ist eine persönlichkeitsfordernde Tätigkeit.

Wie sieht der Berufsalltag aus?
Ich besuche die älteren und kranken Mitglieder unserer Gemeinde oder allgemein all diejenigen, die Unterstützung benötigen. Dabei umfasst meine Tätigkeit alles das, was die klassische Pflege nicht macht, eine Art seelische Pflege. Dazu gehören Gespräche gegen Einsamkeit, Zuwendung, Trauer- und Sterbebegleitung, dem Menschen zeigen, dass er wichtig ist, dass er von Gott geschätzt und behütet wird. Aber auch ganz praktische Tätigkeiten gehören dazu, Hilfe beim Einkaufen, Friedhofsbesuche, Unterstützung bei Anträgen oder dem Ausfüllen einer Patientenverfügung. Ich kooperiere mit den anderen Hilfswerken vor Ort und stelle den benötigten Kontakt her, etwa zum Lotsenpunkt in Hennef, dem Sozialamt, der Betreuungsstelle, dem Altenhilfeverein, dem Hospiz oder dem Seniorenbüro Hennef. Es ist eine psychosoziale Arbeit nah am Menschen mit dem Ziel, die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zu fördern und zu unterstützen. Auch Besuche zu Geburtstagen gehören natürlich dazu.

Haben Sie Unterstützung?
Ich habe eine Gruppe von ehrenamtlichen Helfern aufgebaut. Aktuell sind es zehn Personen -, die in unserer Gemeinde unterwegs sind, um die Menschen persönlich zu besuchen und zu begleiten. Jeder Helfende gestaltet dabei seine Kontakte und die Besuchsintervalle entsprechend seiner persönlichen Einschätzung der Situation vollkommen selbstständig. Ich bin Ansprechpartner für sie und unterstütze, wenn die Situation es erforderlich macht. Wir treffen uns in diesem Kreis regelmäßig, um uns Rückhalt zu geben und Informationen auszutauschen.

Hat sich die Tätigkeit in letzter Zeit verändert?
Gerade während der Quarantäne in der aktuellen Corona-Situation ist es noch einmal wichtiger geworden, Kontakte nicht abbrechen zu lassen. Wir haben einen telefonischen Besuchsdienst eingerichtet, um mit den Senioren ihre Sorgen zu teilen, zu trösten und zu beten. Nach wie vor ist aber der persönliche, direkte Kontakt unverzichtbar. Durch moderne Medien lässt sich das nicht ersetzen.

Wie erfahren Sie von Menschen, die Ihre Hilfe benötigen?
Häufig sind es aufmerksame Nachbarn oder Gemeindeglieder, die uns ansprechen und auf Menschen hinweisen, denen es schlecht geht und die vielleicht unsere Hilfe benötigen. Manchmal ist es auch eine Pfarrerin oder ein Pfarrer, welche etwa bei einem Geburtstagsbesuch Hilfebedarf erkennt und diesen an uns weitergibt. Dass sich die SeniorInnen direkt bei uns melden, ist eher die Ausnahme. Früher gab es den Besuchsdienst im Krankenhaus, von dem wir Hinweise bekommen haben, wenn Menschen Hilfe beim Übergang in eine häusliche Pflege brauchten. Das erlaubt der heutige Datenschutz leider nicht mehr. Aktuell sind wir mit der Klinikseelsorge und dem Synodalbeauftragten für SeniorInnen im Austausch, um auch hier wieder Möglichkeiten zu schaffen.

Was sind schöne Momente in Ihrem Beruf?
Schön ist es zu erleben, wie sich SeniorInnen auf den Besuch freuen, Hilfe annehmen – was nicht selbstverständlich ist – und sich im Gespräch öffnen. Gerade im Alter blicken viele auf ihr Leben zurück und wenden sich spirituellen Fragen zu: Wo hat Gott mich getragen? Wo bin ich beschenkt worden? Was war schwierig? Wie habe ich es gemeistert? Oder auch: Was ist offen geblieben, belastet mich noch heute? Insbesondere ein gemeinsames Gebet ist für mich ein schöner Moment. Ich verbinde das oft mit der alten christlichen Tradition des Handauflegens, die ich in der „Open-Hands-Schule“ von Anne Höfler gelernt habe. Diese Form der Zuwendung und Berührung wird oft als Trost, Linderung und Stärkung empfunden.

Woran fehlt es?
Eine Hilfe wäre für uns, noch mehr ehrenamtliche Helfer zu bekommen, die Auto fahren, um bei Einkäufen zu unterstützen oder den SeniorInnen den Wunsch zu erfüllen, mal rauszukommen. Wer motorisiert ist und Lust auf Seniorenarbeit hat, kann sich gerne bei mir melden.

Fällt es dann nicht manchmal schwer loszulassen? Wie belastend ist Ihre Tätigkeit?
Verteilt auf vier Tage arbeite ich 25 Stunden in der Woche. Ja sicher gehen mir schwere Schicksale nach und beschäftigen mich weiterhin. Ich habe gelernt loszulassen, denn ich beziehe meine Kraft aus dem Glauben und lebe aus der Gewissheit, dass Gott niemanden fallen lässt, dass wir alle getragen sind.

Text: Michael Heider und Margret Diedenhofen, Foto: Archiv, Red.: B. Reiter