… übersetzte die Bibel in einem Wartburg!
Das war die Antwort eines mir bekannten Schülers auf die Frage: “Was fällt Dir zu Martin Luther ein?”
Eine ähnliche Frage wurde auch mir kürzlich gestellt. Gewisser Maßen zwischen Tür und Angel wollte man von mir wissen, welche Assoziationen mir zum Thema “Reformation” in den Sinn kommen. Zwar wusste ich wohl, dass Reformation und oben genannte Automarke der DDR nicht wirklich etwas miteinander zu tun haben, aber mehr als Martin Luther, Thesenanschlag und Wittenberg waren bei mir auf die Schnelle auch nicht zu holen.
Und dann noch die Frage, welche Bedeutung denn die Reformation in meinen Augen für uns heute noch hat. Meine ehrliche Antwort auf die Schnelle?! “Gar keine!”
Das hört sich zwar hart an, spiegelt jedoch meine Wahrnehmung wieder.
Halloween vs. Reformationstag
In nur fünf der insgesamt 16 deutschen Bundesländer ist der Reformationstag ein offizieller Feiertag. In den Lehrplänen unserer Schulen muss man durchaus lange und gründlich suchen, bis man zu diesem Thema fündig wird – und fragt man Jugendliche heute danach, was wir am 31.10. eigentlich feiern, dann wird die Antwort der großen Mehrheit lauten: “Halloween”!
Gruselige Masken, “Süßes oder Saures” – Rufe und ausgelassene Partys sind einfach viel attraktiver als das Nachdenken über einen untersetzten, gut beleibten Mönch mit seltsamer Mütze auf dem Kopf, der vor 500 Jahren mal irgendetwas Schlaues gesagt oder getan haben soll.
Luther ist nicht hipp – aber existentiell
Natürlich ist Luther nicht “hipp”. Aber muss und kann denn alles, was für unser Leben von Bedeutung ist “hipp” sein?! Wohl kaum! Fakt ist jedoch, dass die Geschehnisse von vor 500 Jahren unser christliches Leben entschieden beeinflusst haben und gerade für uns als evangelische Christinnen und Christen eine existentielle Rolle spielen.
Wie kann es da also sein, dass wir heute nicht einmal mehr die Zeit finden oder es für notwendig erachten, an einem einzigen Tag des Jahres darüber nachzudenken und uns daran zu erinnern, wo das, was wir als evangelische Gläubige leben und bekennen, überhaupt seinen Ursprung hat? Den eigenen Geburtstag lassen wir doch auch nicht einfach so unter den Tisch fallen!
Ich bin wirklich die Letze, die etwas gegen neue, moderne Entwicklungen und Trends hat und ich möchte das auch gar nicht schlecht reden, doch in all dem Neuen sollten wir eben auch unsere Wurzeln nicht vergessen. Genau das tun wir aber zunehmend und dass Jugendliche heutzutage im besten Fall zum Thema Reformation noch wissen, dass “dieser Luther” irgendwie damit zu tun hat, ist genau dieser Tatsache geschuldet.
Es braucht mehr als ein Happening
Jetzt, ein Jahr vor dem großen Reformationsjubiläum, wird groß und breit davon geredet. Es gibt “Reformationscamps” speziell für Jugendliche und der Abschlussgottesdienst des Kirchentages findet, wie könnte es anders sein, natürlich in Wittenberg statt. Doch macht das gut, was in den letzten Jahren versäumt wurde? Ich denke, es braucht mehr als ein einziges großes “Happening”, um die Reformation und deren Bedeutung wieder zurück in die Köpfe und Herzen der Menschen zu holen. Und da sind wir als Kirche, die wir nach reformatorischer Tradition Gottesdienst feiern, gefragter denn je.
Natürlich müssen wir mit der Zeit gehen und Wege finden, unsere Botschaft in angemessener, alltagstauglicher, lebensrelevanter Form unter die Menschen zu bringen, dass heißt doch aber nicht zu gleich, sich von allem zu verabschieden, was früher einmal galt, uns heute aber alt und eingestaubt erscheint.
Vielmehr bedeutet es, ganz in lutherischer Manier, “dem Volk auf´s Maul zu schauen” um herauszufinden, was die Menschen heute bewegt. Was sie brauchen, wonach sie suchen, sich sehen. Und dann gilt es, die alten Texte und Bekenntnisse, ja die Geschichte unserer Kirche so aufzuarbeiten, dass sie auch für uns heute wieder interessant und lebendig wird.
Es mag ja sein, dass Luther den Satz vom Apfelbäumchen nie gesagt hat, aber ihn zu kennen und die Botschaft dahinter zu verstehen, das gibt Trost und Kraft und ist durchaus ein Grund zum feiern und fröhlich sein! Vor 500 Jahren genauso wie heute!
Jenny Gechert