Palliativmedizin: Podium klärt viele Fragen
Unter dem Titel „Würdiges Sterben – kann das gelingen?“ hatte die Evangelische Kirchengemeinde Hennef mit dem ambulanten Hospizdienst ‚Lebenskreis e.V.‘ und dem Sibilla-Hospiz Bödingen Ende Oktober zu einer viel beachteten Podiumsveranstaltung über „Sterbehilfe“ eingeladen. Anfang November folgte nun die Fortsetzung: Rund 60 Besucher fanden sich im Gemeindehaus an der Christuskirche zum Thema „Palliative Betreuung“ ein – das Podium war abermals vielseitig kompetent besetzt, die Moderation wieder in Händen von Prof. Dr. Athina Lexutt und Dr. Stefan Heinemann.
Bereits die Publikumsabfrage am Eingang machte deutlich, dass rund die Hälfte der Anwesenden bereits Berührungspunkte mit der Palliativmedizin hatten, die Unsicherheiten dazu aber dennoch vielschichtig sind.
Spiritualität und Religiösität wurden dabei auf dem Podium von Klaus Leven, Lebenskreis-Koordinatorin Andrea Henseler, Pfarrerin Antje Bertenrath sowie von Palliativmediziner Dr. Dirk Franke und Sibilla Hospiz-Pflegedienstleiter Thomas Schrewe ebenso diskutiert wie medizinische Aspekte, der eigene Wille des Sterbenden sowie Würde und Selbstbestimmtheit.
Dass dabei der Wunsch, die letzten Tage zu Hause zu verbringen, auch heute weiterhin überwiegt, konnten alle Podiumsgäste aus ihrer Erfahrung in der Begleitung Sterbender berichten. So schilderte Klaus Leven das Umsorgen seines Vaters bis seine Familie ihm den Wunsch, zu Hause zu sterben, vor drei Jahren erfüllte. „Ich habe seitdem die Angst vor dem Tod verloren“, betonte der 59-jährige im Rückblick auf einen der emotionalsten Momente seines Lebens.
Auch Pfarrerin Bertenrath bestätigte als Seelsorgerin, dass Sterbephasen emotionale und intensive Situationen seien, die Sterbende und Angehörige ganz unterschiedlich erleben, wie Thomas Schrewe erklärte. Denn oftmals seien es Angehörige und Außenstehende, die die letzten Tage oder Stunden als mitunter belastend oder beängstigend empfinden. „Wenn ich die Angst vor dem Sterben und dem Sterbeprozess verlieren möchte, dann muss ich mich damit beschäftigen“, so der Pflegedienstleiter des Sibilla-Hospizes.
Und genau da wolle man gemeinsam hin, sagte Dr. Dirk Franke. „Das Sterben und der Tod sollen keine Tabuthemen mehr sein. Wir wollen die Palliativmedizin und den hospizlichen Gedanken in die Breite tragen.“ Dabei sei die Vernetzung untereinander ganz wesentlich und daher könne sich jeder, der Fragen rund um palliative Betreuung habe, auch jederzeit sowohl an ambulante Hospizdienste wie stationäre Hospize, einen SAPV, an Palliativmediziner oder seinen Hausarzt wenden. „Jeder sollte wissen, dass es diese Beratung und Unterstützung gibt“, betonte Schrewe.
Dabei sei der Bekanntheitsgrad sowie die Akzeptanz der Sterbebegleitung in den letzten Jahren deutlich gestiegen, sagte Andrea Henseler, das Wie? und Wo? sei aber sehr unterschiedlich, berichtete die Koordinatorin des Lebenskreises. Die eigene Vergänglichkeit anzunehmen und das Wertvolle für die Gesellschaft im Begleiten von Sterbenden zu begreifen, gehöre aber unbedingt dazu, betonte Antje Bertenrath.
Vor allem aber sei es die Würde und die Selbstbestimmtheit bis zuletzt, die absolute Priorität hätten, unabhängig vom Ort der Sterbebegleitung, so die Podiumsgäste. Und so sei auch die palliative Sedierung als letztes Mittel der Palliativmedizin, um Schmerzen, Luftnot oder unerträgliche Symptome zu lindern, bereits im Vorfeld mit dem Sterbenden soweit möglich abgestimmt.
In der abschließenden Fragerunde rückte neben juristischen Aspekten zur Medikamentengabe daher auch die Wichtigkeit einer Patientenverfügung in den Fokus der Runde; eine solche auszufüllen – und noch wesentlicher eine Vorsorgevollmacht zu haben – sei vor allem auch in Situationen, in denen man den eigenen Willen nicht mehr klar artikulieren kann, ein unerlässliches Dokument für die Selbstbestimmtheit, betonten die Mediziner im Saal. Diese im Vorfeld mit Familie und Angehörigen abgesprochen und den eigenen Willen erklärt zu haben, sei enorm wichtig, so Franke. Einen Anspruch auf Palliativversorgung, wenn die Krankheit unaufhaltsam fortgeschritten ist, habe dabei hierzulande jeder, ein Hausarzt könne dabei eine Überweisung zu Palliativmedizinern ausstellen, wenn er selber auf diesem Fachgebiet nicht versiert ist.