Pilgern – mit sich auf dem Weg

Pilgern – woran denken Sie als Erstes? Wahrscheinlich tauchen Begriffe auf wie: Jakobsweg, Santiago de Compostela, Hape Kerkeling, Ich bin dann mal weg, Sündenvergebung.
Im Rahmen meiner Ausbildung zur Pilgerwegbegleiterin habe ich gelernt, dass es sehr viele verschiedene Formen des Pilgerns gibt. Ich kann allein oder in der Gruppe, eintägig oder mehrtägig pilgern. Ich kann auf alten Pilgerpfaden oder auf eigenen Wegen gehen.
Den Alltag einen Tag verlassen
Für mich heißt pilgern, dass ich mich zuerst einmal im wahrsten Sinne des Wortes auf den Weg mache, mich in Bewegung bringe, gewohnte Bahnen verlasse und für einen Tag den Alltag hinter mir lasse. Die körperliche Bewegung setzt meine Gedanken in Bewegung. Für die von mir angebotenen Pilgerwege suche ich immer einen begleitenden Text aus, der sich als Thema wie ein roter Faden durch den Tag zieht. Ich kann mit meinen Gedanken diesem Thema und den Impulsen folgen oder aber in Ruhe ganz eigenen Gedanken nachgehen, die ich am Pilgertag nicht verdrängen muss oder möchte. Auf jeden Fall bietet sich mir immer die Chance, mich und meine Umgebung ganz bewusst wahrzunehmen, meine Sinne zu schärfen.
Schweigen eröffnet einen Raum
Ein ganz wichtiger Bestandteil der Pilgerwanderungen sind die Schweigephasen. Schweigen eröffnet einen Raum für Gedanken und Gefühle, für die ich sonst keine Zeit habe, die sonst nicht da sein dürfen oder können. Ich kann Fragen nachgehen, die anstehen, neue Perspektiven können sich entwickeln. Die Stille bietet mir die Möglichkeit, meine eigene Wahrnehmung zu stärken, die innere Stimme zu hören, mit Gott ins Gespräch zu kommen.
Manchmal tut es aber auch einfach nur gut, die Beine gehen zu lassen, die Natur rund um mich herum wahrzunehmen, den Kopf wunderbar frei und leicht, gerade ohne besondere Gedanken, einfach nur die Ruhe genießen.
Schweigen in der Gemeinschaft ist nicht immer leicht, es braucht ein wenig Übung. Wenn man sich aber darauf einlassen kann, ist es eine gute Erfahrung: mit sich und seinen Gedanken allein zu sein und sich gleichzeitig in der Gruppe aufgehoben und behütet zu fühlen.
Text: Carola Juschka; Bild: pixabay.com