Macht hoch die Tür?
Der Gott der Bibel ist ein ‚Gott der Fremdlinge‘. In Texten des Alten und Neuen Testaments begegnet Gott in ausländischen Gesichtern, an fremden Orten und in unbekannten Sprachen. Biblische Erfahrungen von Fremdheit, Flucht und Wanderung diskutieren im Dezember Predigerinnen und Prediger auf der Kanzel der Christuskirche. Denn alle Gemeindegottesdienste an und um Weihnachten prägt eine Predigtreihe unter dem Titel „Macht hoch die Tür?“.
An jedem Sonn- und Feiertag steht eine andere biblische Figur im Mittelpunkt des Interesses.
Der Erzvater Abraham, auf den sich Judentum, Christentum und Islam berufen – nichts weiter als ein Wirtschaftsflüchtling? So lautet die provozierende Frage am 2. Adventssonntag.
Eine Woche später geht es um den ersten Asylanten Kain, der Gottes Schutz erfährt, nachdem er seinen Bruder Abel erschlagen hat.
Neun Gottesdienste beschäftigen sich dann an Heiligabend mit Jesu „Geburt in der Notunterkunft“. „Unser Gottesdienst für Kleine und Große am späten Vormittag wird die Geschichte des Christkinds so erzählen, dass Parallelen zur aktuellen Gegenwart unübersehbar sind“, erzählt Pfarrer Niko Herzner aus der Vorbereitung seines Teams von Ehrenamtlichen. „Wenn im Anspiel 20, 30 Menschen in Betlehem Unterkunft suchen, dann werden dort Rufe laut wie ‚Das Boot ist voll!‘ aber auch ‚Wir schaffen das!‘“
„Die Erfahrungen der Menschen der Bibel sind unsere Erfahrungen“, ergänzt Pfarrerin Annekathrin Bieling. „Da ist Verunsicherung und Gastfreundschaft, Abwehr und Willkommenskultur. Und die Menschen damals wie heute fragten: Was ist die richtige Einstellung, um den Fremden zu begegnen?“
Solche verschiedene Reaktionen zu beleuchten und dabei zu fragen, was der Gott der Bibel will, darin sieht ihr Kollege Stefan Heinemann den Reiz dieser Predigtreihe. „Denn vieles, was wir für selbstverständlich erachten, hat seinen Ursprung auch in der Bibel: Etwa das Asylrecht oder die Idee einer Sozialsteuer, die auch den Fremdlingen ein bedingungsloses Grundeinkommen sichert – der Bibel nach sind solche Maßnahmen ganz im Sinne Gottes.“
Das vierköpfige Pfarrteam der Evangelischen Kirchengemeinde hat diese Predigtreihe schon im September unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise konzipiert. „Im Advent können wir aber als Kirche am ehesten plausibel machen, dass die Erfahrungen, die den christlichen Glauben geprägt haben, ein wertvoller Anstoß sein können für das Gespräch über die Werte, die in der Begegnung mit Flüchtlingen wichtig sind“, zeigt sich Pfarrerin Antje Bertenrath motiviert. „Ich freue mich auf die Herausforderung, die diese Predigtreihe für uns alle, die in der Christuskirche predigen, darstellt.“