Kreissynode: Wie Kirche in die Offensive kommt

Wichtig ist, sich als Team zu verstehen. Zusätzlich braucht es klare Rollenverteilungen: Leute in der Verteidigung, aber auch Leute, die die Tore schießen. Es braucht Risikofreude und vor allem Offensivaktionen. Eine „Taktikvorlage“ für das Team Kirche hat Jonas Einck auf der Kreissynode am Samstag in Herchen geliefert.

Die Anleihe an den Fußball – in Zeiten der Europameisterschaft – lieferte Einck als Projektleiter „Beratung und Begleitung von Erprobungsräumen in der Evangelischen Kirche im Rheinland“. Erprobungsräume, jeweils für fünf Jahre von der Landeskirche bezuschusst, verstehen sich als Innovationsprojekte, die in die Zukunft der Kirche weisen. Darüber nachzudenken, hatte sich die Kreissynode zum Schwerpunkt ihrer Tagesordnung gemacht.

Hinausgehen aus Gotteshäusern und kirchlichen Strukturen. Rausgehen auf einen Spielplatz, den lokalen Markt oder auch ins nächste Kino. Spiritualität nach draußen tragen – hin zu den Menschen, die heutzutage nicht mehr von selbst in die Kirche gehen. Darum geht es bei den Erprobungsräumen. Von ihnen gibt es mittlerweile 30 in der Evangelischen Kirche im Rheinland, berichtete Einck.

Zu seinen Beispielen gehören die „Beymeister“ in Köln-Mülheim, die zunächst einfach ein rotes Sofa ans Rheinufer rückten – Platz genug, um mit Passant*innen über Klimademo und Wohnungssuche, Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen. „Segen 45“ heißt eine Art Eventagentur, die in Essen bei Hochzeit, Taufe und Beerdigung unterstützt. Die Krefelder Initiative „dance.flow.spirit“ verknüpft Tanz und Spiritualität. Im hiesigen Kirchenkreis gibt es seit diesem Jahr auch einen Erprobungsraum: den ökumenischen LebensRaum Kirche in der Huma-Shoppingwelt in Sankt Augustin.

Segen und Segensfeiern erprobt

Über besondere Investitionen bzw. Initiativen An Sieg und Rhein berichtete Dr. Anne Kathrin Quaas. So gab es in diesem Jahr erstmals Segensfeiern für werdende Eltern – Fortsetzung folgt. Auf Schloss Auel in Lohmar fand ein „Segen für den Ruhestand“ statt. Im Herbst wird es in einer Kneipe in Siegburg erstmals einen „Segen für Singles“ geben. Ganz andere Dimensionen nimmt das Tauffest in der Bonner Rheinaue am 29. Juni an: Rund 250 Täuflinge sind angemeldet. Wie viele Menschen sie begleiten werden lässt sich nur schätzen: Die drei Kirchenkreise der Region Bonn, Rhein-Sieg und Voreifel rechnen mit 4.000 Menschen und echter Festivalatmosphäre.

Solche guten Nachrichten greift auch der Bericht des Kreissynodalvorstandes an die Kreissynode auf und ordnet sie ein. „Die Zeiten, in denen Menschen einfach zu uns kamen, sind weitgehend vorbei.“ Deshalb sind Pfarrer*innen heute regelmäßig auf der Hochzeitsmesse in Troisdorf aktiv. Positiv kommen Pilgerinitiativen von evangelischen Gemeinden und das Liederfest „Das große Wir“ am 5. Oktober in Troisdorf an. Die Kontaktpflege zu Menschen in Institutionen außerhalb der Kirche hat Früchte getragen – wie sich insbesondere bei den Demonstrationen für Demokratie zeigt.

Schlechte Nachrichten und Problemanzeigen spart der Bericht natürlich nicht aus. Die Austrittszahlen sind hoch und “wirken niederschmetternd“. Der Pfarrdienst wird insgesamt reduziert. Bei Stellenausschreibungen ist die Bewerbungslage oft überschaubar. Spürbar ist der Fachkräftemangel bei den Erzieherinnen. Thematisiert werden auch die Ergebnisse der ForuM-Studie. Im Kirchenkreis werde noch einmal nach möglichen blinden Flecken gesucht. Die Personalakten der Pfarrpersonen waren ja schon zuvor extern durchgesehen worden, unabhängig von der ForuM-Studie. Nun werden auch die Akten von Mitarbeitenden überprüft.

Finanzbericht: Sinkende Kirchensteuer-Einnahmen

„Der Himmel verdunkelt sich“ – so war der Finanzbericht für die Landessynode zu Jahresbeginn überschrieben. Diese Überschrift hat Dr. Dietmar Flösch, der Vorsitzende des Synodalen Finanzausschusses, in seinem Bericht zur finanziellen Situation im Evangelischen Kirchenkreis An Sieg und Rhein aufgenommen. „Auch in unseren Planungen gehen wir leider von einer Austrittsrate von 2,5 Prozent pro Jahr aus. Dies könnte sich nach den Daten des ersten Quartals 2024 sogar noch verschärfen“, führte er auf der Kreissynode aus. Anders als in den vergangenen Jahren werden die austrittsbedingten Kirchensteuerrückgänge nicht mehr durch höhere Steuereinnahmen kompensiert. Und da auf der Kostenseite deutliche Steigerungen zu verzeichnen sind, wird die Ergebnissituation zunehmend schwieriger.

Noch profitiere man von der finanziellen Situation der letzten Jahre, so der Finanzausschuss-Vorsitzende in einem zweiten Berichtsteil über die Jahresergebnisse 2022. Demzufolge hat der Kirchenkreis im Vergleich zur Planung ein Plus gemacht. Das erklärt sich aus positiven Einmaleffekten auf der Einnahmeseite sowie aus Einsparungen auf der Ausgabenseite.

Die Diakonie An Sieg und Rhein dagegen schloss 2022 mit einem negativen Ergebnis. Das lässt sich erklären: Vor zwei Jahren war die Diakonie „mitten in einer Umbauphase“, so Flösch. „Wir haben viel investiert“, nicht zuletzt in digitale Modernisierung. Das negative Jahresergebnis könne aus Bilanzergebnissen der Vorjahre kompensiert werden. Das gilt auch für das leicht negative Ergebnis 2022 des Evangelischen Jugendwerkes Sieg • Rhein • Bonn.

Angesichts dieser kritischen Situation müsse man besser und vor allem zeitnäher steuern können. Dazu soll ein Kennzahlensystem helfen, mit dem für Kirchengemeinden ihre Haushalts- und Vermögenssituation transparenter wird und sie – neben den notwendigen Einsparungen – die zur Verfügung stehenden Finanzmittel zielgerichteter einsetzen können.

Wahlen

Pfarrerin Ute Krüger aus der Evangelischen Kirchengemeinde Siebengebirge ist neugewählt in den Kreissynodalvorstand. Die Synode wählte sie zur stellvertretenden Skriba – in Nachfolge von Dr. Anne Kathrin Quaas, die zum 1. Juli als Pfarrerin für Innovation und Dialog mit der Stadtgesellschaft in den Kirchenkreis Bonn wechselt. Bei einer turnusgemäßen Wahl bestätigte die Kreissynode ihre Mitglieder für die Landessynode.

Grußworte

In ihrem Grußwort an die Kreissynode spiegelte Oberkirchenrätin Henrike Tetz ihre Wahrnehmung: „Es herrscht ein guter Geist bei Ihnen, so erlebe ich Ihren Kirchenkreis.“ Der Kirchenkreis habe sich über Schwerpunkte verständigt, entwickle sie nun auch weiter. Er übe wirtschaftliche Solidarität in Form des Kita-Referats und stelle sich auch anstrengenden Themen wie dem effektiven Klimaschutz. In einem zweiten Grußwort sprach der Superintendent des Kirchenkreises Bonn, Dietmar Pistorius, darüber, die Region als Ganzes in den Blick zu nehmen und sich für die Zukunft gut aufzustellen. „Das Tauffest ist eine ermutigende Erfahrung.“

Predigt im Eröffnungsgottesdienst

Er sei ein besonderer Satz, gerade in Zeiten, in denen des „nicht so läuft, wenn der Rucksack zu voll ist“, meinte Pfarrer Jens Römmer-Collmann. In seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst der Kreissynode in der Evangelischen Kirche in Herchen, vor der Plenartagung im Bodelschwingh-Gymnasium, sprach er über den Zuspruch von Jesus: „Kommt her alle, die ihr mühselig und beladen seid“.

Anna Neumann