Gottesdienste zweisprachig hören und erleben
Am Anfang war eine Frage: “We only speak English. Do you have worship services for us to understand?” So fragte einer der Flüchtlinge, die in der Turnhalle „Zum Kuckuck“ untergebracht sind: Feiern Sie hier auch Gottesdienste, die wir verstehen können?
Unter den Menschen, die sich in den beiden Hennefer Erstaufnahmelagern aufhalten, sind nach Angaben der Stadt Hennef ein Viertel Christen. Manche von ihnen sind auf der Suche nach Gottesdiensten, die sie verstehen können. Seit Mitte September werden in unserer Kirchengemeinde darum zweisprachige Gottesdienste angeboten.
Der 11 Uhr-Gottesdienst wird seitdem an jedem zweiten Sonntag im Monat auf Englisch und Deutsch gefeiert. Dabei werden alle Texte auf Deutsch vorgetragen – aber viele zusätzlich auf Englisch. So steht am Anfang eine Begrüßung in beiden Sprachen. Dabei wird besonders auf ein Handout verwiesen, auf dem der Gottesdienstablauf und die jeweiligen Bibeltexte auf Englisch abgedruckt sind. Denn alle Besucher sollen sich im Gottesdienst gut orientieren können, um ihn mitzufeiern.
Gebete werden zweisprachig vorgetragen – genauso wie Eingangspsalm, Glaubensbekenntnis und Vaterunser auf Englisch und Deutsch gesprochen werden können. Von vielen klassischen und neueren Kirchenliedern schließlich gibt es eingängige Übersetzungen.
Für deutschsprachige Gottesdienstbesucher ist ein zweisprachiger Gottesdienst, wie wir ihn feiern, offensichtlich nicht abschreckend. An den ersten solchen Gottesdiensten haben viele Gemeindeglieder teilgenommen. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv.
Die Zahl fremdsprachiger Christen, die zu diesen Gottesdiensten kommen, ist jedoch noch sehr gering. Das mag noch am geringen Bekanntheitsgrad liegen – oder daran, dass die Flüchtlinge in den Hennefer Erstaufnahmelagern nur vier bis sechs Wochen verbleiben, bevor sie in einer anderen Kommune untergebracht werden.
Für die nächste Zukunft ist aber die Einrichtung eines Fahrdienstes von den Erstaufnahmelagern zur Christuskirche angedacht. Dann hoffen wir auf mehr fremdsprachige Christen, die mit uns Gottesdienst feiern.
Als Liturg erlebe ich diese Gottesdienste als Gewinn – auch wenn ein zweisprachiger Gottesdienst mehr Vorbereitungszeit braucht.
„Durch eine andere Sprache hat man auch eine andere Sicht der Welt“, habe ich bei dem Sprachforscher Pathos Athanasopoulos nachgelesen. Ich erlebe es so: Das, was ich glaube, in einer fremden Sprache zu sagen und zu hören, bringt mich zum Nachdenken, ob es so angemessen ausgedrückt ist. Aber mehr noch, seitdem ich einmal längere Zeit im englischsprachigen Ausland gelebt habe, fühle und erlebe ich Dinge auf Englisch tatsächlich anders als auf Deutsch – auch im Gottesdienst. Für mich ist das ein interessantes Experiment, auf das ich mich immer wieder freue!