Gemüse im Gefrierfach ernten

Die aufragenden Wolkenwände waren dunkelgrau – in der strahlend hellen Nachmittagssonne, die seit morgens warm geschienen hatte, wirkten sie pechschwarz. Von Osten und von Westen rasten zwei Gewitterfronten frontal aufeinander zu. Genau über dem Dorf trafen sie zusammen.
Das Unwetter, das dann kam, war verheerend. Der Hagelschlag vernichtete ein Drittel der Trauben in dem Winzerort, in dem ich Vikar war. Innerhalb 20 Minuten war ein Großteil der Ernte verloren.

Wir ernten Gemüse im Gefrierfach und Kartoffeln im Supermarkt. In Zeiten globaler Handelsketten schlägt keine lokale Missernte mehr auf den eigenen Speiseplan durch. Und das ist gut so!
Aber wenn im Herbst in unseren Breiten das Getreide eingefahren ist und der erste Wein getrunken wird, dann machen die Kirchen Party. Weil Wachsen und Gedeihen kein Zufall ist.
Wir danken unserem Schöpfer, der das Leben gewollt hat. Er hat die Welt so designt, dass das Schöne möglich wurde. Gott schenkt, was das Leben lebenswert macht. So hat er bei dem, was unter uns blüht und wächst, die Hand im Spiel: Ein schützendes Dach über dem Kopf. Kleidung und Nahrung. Bildung, Hoffnung und Zukunft. Das ist menschliches Tun – und Gottes Ermöglichung.
Am Erntedanksonntag schmücken Gemeindeglieder ihre Kirchen und Altäre darum mit allem, was die Äcker hergeben. Auch in Hennef. Es ist ein Zeichen der Dankbarkeit.

Was einem aber geschenkt wurde, kann man leichter teilen – Erntedank erinnert auch an eigene Verantwortung. Denn nur was wir säen, werden wir ernten. Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn – aber nur wenn wir sie blühen lassen, kann sie Frucht tragen.
Am Erntedanksonntag werden darum die gesammelten Erntegaben verteilt an Menschen, die in Not sind. Auch in Hennef. Alle Erntegaben, die länger haltbar sind, werden eingestellt in den Lebensmittelschrank unserer Diakoniesprechstunde. Dort können sich die bedienen, denen der Hagel die Ernte ihres Lebens zu zerschlagen droht: Alleinerziehende in akuter Geldnot, Obdachlose, …

Wir befüllen unseren Lebensmittelschrank natürlich nicht nur zu Erntedank, sondern das ganze Jahr hindurch mit haltbaren Grundnahrungsmitteln: Mehl und Nudeln, Konserven und Eingelegtem.
Spenden werden gerne entgegengenommen in unserem Gemeindebüro, Beethovenstraße 44.

Stefan Heinemann, Pfarrer