Eine Frage der Entscheidung

„Die Welt ist Gottes so voll. Aus allen Poren der Dinge quillt er gleichsam uns entgegen.“
Der Jesuitenpater Alfred Delp hat diese Sätze geschrieben, er hat im Widerstand gegen die Nationalsozialisten mitgearbeitet und war 37 Jahre alt, als er im Februar 1945 hingerich­tet wurde. Mehr als sechs Monate saß der zum Tode Verurteilte in Haft, er musste jederzeit damit rechnen, dass er gleich „dran“ ist. In die­ ser Zeit des Wartens hat der zutiefst religiöse Mensch diese Worte gefunden „Die Welt ist Gottes so voll.“

Es ist eine Entscheidung, die jede Person für sich trifft:
Sieht sie die Welt mit oder ohne Gott.

Wenn ein Kind geboren wird, können sich stol­ze Eltern auf die Schultern klopfen: dieses Kind haben wir gemacht. Es gehört uns. ODER Wenn ein Kind geboren wird, sehen Eltern ein eigenes Lebewesen, das ihnen anvertraut ist und das – wie sie selber – sein Leben von Gott hat. Denn sie setzen voraus: Alles Leben kommt von Gott.

Das wird „gesetzt“, das kann nicht bewiesen werden, es ist eine Haltung, die eingenommen
wird.

Wenn ein glaubender Mensch im Garten ist, im Wald spazieren geht, dann erlebt er nicht nur „Natur“, sondern „Schöpfung“. Neben alles Staunen und Sich freuen über Schönheit und Fruchtbarkeit, tritt die Dankbarkeit – alles ist wunderbar gemacht von Gott.

Viele Personen arbeiten in sozialen Berufen, sorgen für andere, tragen mit, halten aus, wen­den sich zu. Diese Arbeit ist oft kräftezehrend und belastend. Es ist wichtig Kraftquellen zu haben, eine Vision von dem, was sein könnte und Liebe und Hoffnung aufzubringen für die anderen, die anvertraut sind.

Eine christliche Person glaubt: Gott ist die Liebe. Liebe ist da und umgibt uns, mensch muss nicht alles selber aufbringen, sondern kann aus der Gegenwart Gottes schöpfen und sich mit Gottes Liebe verbinden.

Jede und jeder kann von Leid getroffen wer­ den, Krankheit, Schicksalsschläge, Abschiede, Tod treffen alle Menschen. Manche werden bitter und verzweifeln an ihrer Situation.
Andere können auch im Elend Gottes Gegen­wart suchen und entdecken.

„In allem will Gott Begegnung feiern … Das gilt für alles Schöne und auch für das Elend“, schreibt Alfred Delp weiter. Er lebte in der Hal­tung, dass in der Tiefe aller Erfahrung Gottes­begegnung stattfindet. Jesus hat diese Erfah ­rung gemacht, Paulus und viele viele Gläubige seitdem bis in unsere Zeit.

Es ist eine Frage der Entscheidung: Wir können gottvergessen leben mit der Haltung, als gäbe es Gott nicht.
ODER Wir können das Beste hoffen und Gott in allem suchen und entdecken, dann ist die Welt Gottes so voll. Und wir können in dem Vertrauen leben, dass Güte und Barmherzig­keit uns folgen unser Leben lang.

Ich lebe leichter mit Gott.

Antje Bertenrath, Pfarrerin