Buchtipp: Atheistische Gesellschaft

Justus Geilhufe schreibt aus Erfahrung: Aufgewachsen unmittelbar nach der Wende bezeichnet der Dresdner Pfarrerssohn den nachsozialistischen Atheismus dort als furchtbar, denn „die atheistische Gesellschaft hat nichts zu bieten. Trotzdem weicht das Christliche aus unserer Welt und eine neue Rohheit, Kulturlosigkeit, Härte und Hässlichkeit hält Einzug.“ Denn wie der Osten schon ist, so entkirchlicht sich auch der Westen des Landes. Das ist nicht weniger als eine Katastrophe, so Geilhufe.

Knallharte Abrechnung mit Atheismus

Sein Essay „Die atheistische Gesellschaft und ihre Kirche“, erschienen 2023 im Münchner Claudius-Verlag, ist eine so provokante wie knallharte Abrechnung mit dem gelebten Atheismus unserer Zeit: Der atheistische Mensch sucht das richtige, das perfekte Leben – und muss immer wieder scheitern, weil es ein solches Leben schlicht nicht gibt. Das Leben gewinnt seine Schönheit aus Unzulänglichkeiten und Widersprüchen, so der 34jährige Theologe. Wer diese christliche Grundweisheit vergisst, findet keine Liebe, keine Wahrheit und keine Güte.

Der evangelischen Kirche empfiehlt Geilhufe deshalb ein konservatives Erholungsprogramm: „Die Zukunft der Kirche liegt in einem bürgerlichen Protestantismus, der in manchen Ecken im Osten überlebt hat.“

Ob Geilhufes Lösungsansatz „Mehr vom Bewährten und bitte ganz unpolitisch“ erfolgversprechend ist für eine neue Zeit, darüber kann man trefflich streiten. Sein Essay ist eine gewagte Mischung aus steilen Thesen und persönlichen Anekdoten. Seine Kritik jedoch am Atheismus, der eine ganze Gesellschaft prägt, ist äußerst lesenswert, weil streitbar und erfahrungsgesättigt.

Stefan Heinemann