Macht und Verantwortung tragen

Liebe Gemeinde,
bei dem für heute vorgeschlagenen Predigttext gibt es das große Thema „Macht und Machtmissbrauch“. Das konnten die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die den Text vorgeschlagen haben, ja nicht wissen, dass hier heute in Hennef die Mitglieder des mächtigsten Gremiums der Gemeinde verabschiedet und eingeführt werden.

Mächtig? Ja!
Als Presbyterium haben Sie alle wesentlichen Entscheidungen für die Gemeinde zu treffen.
Aktuell in den letzten Monaten zusätzlich zum eigenen, privaten und beruflichen Leben auch noch für die Gemeinde mitdenken und die Frage war nicht „Was machen wir bloß mit Corona?“, sondern: wie gelingt Verkündigung und lebendiges Gemeindeleben trotz Corona-Bedingungen? Wie feiern wir Ostern? Was tun, wenn Gemeinschaft wie bisher nicht mehr möglich ist? Neue Ideen entwickeln, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von Nähe und Abstand berücksichtigen …
Sie haben das gemeinsam beraten und entschieden. Macht und Verantwortung wird von allen mitgetragen, nicht nur in der Pandemie-Zeit, sondern immer, denn genau das kennzeichnet unser evangelisches Machtverständnis.

Bei Zachäus war das anders.
Um ihn geht es im heutigen Predigttext. Das Lukas-Evangelium erzählt seine Geschichte.
Zachäus war ein sehr mächtiger Mann mit einem schönen Titel. Er wurde in seine wichtige Position nicht von der Gemeinschaft hineingewählt, sondern er wurde zum Oberzöllner ernannt – von der staatlichen Behörde. Das war zur Zeit des neuen Testaments die römische Besatzungsmacht, die hatte das Sagen und das Gewaltmonopol und Zachäus hatte Anteil daran.
Darin liegt das Verführerische und dann kann aus Macht schnell Machtmissbrauch werden. Die Bibel sagt das kurz und knapp mit der Bemerkung…und Zachäus war reich. So reich wird man durch eine eigene Auslegung oder Ausnutzung der Regeln.
Am Ende der Geschichte gibt Zachäus selbst zu, dass er sich auf Kosten anderer bereichert hat. Ihm ist durch die Begegnung mit Jesus klar geworden, was wichtig ist im Leben.
Sein Blick weitet sich von seiner Person hin zur Gemeinschaft. Aus „Für-sich-sorgen“ wird „Was kann ich beitragen für andere?“

Betrug, Machtmissbrauch und Geld haben ihn einsam gemacht.
Alle wussten es, keiner konnte ihn zur Besinnung bringen, aber Jesus.
Als der in Jericho ist, will Zachäus ihn auch mal sehen. Weil er klein gewachsen ist und niemand ihm Platz macht, klettert er auf einen Feigenbaum, so einer mit vielen Blättern, so dass Zachäus zwar Jesus anschauen kann, doch nicht gut selbst zu sehen ist. Aber: Du siehst mich, Gott. Das gilt nicht nur für Hagar im Alten Testament, das erlebt auch Zachäus. Jesus schaut direkt zu ihm und spricht ihn an, er kennt seinen Namen, er weiß über ihn Bescheid, sieht die Not hinter der Angeberei und das Gute im Betrüger.
Ausgerechnet zu ihm geht er anschließend essen, zum Ärger so vieler Aufrechter.

Zachäus aber spürt die Liebe dahinter.
Das Angenommenwerden. Das tut gut und weckt in Zachäus so viel Dankbarkeit. Schlagartig wird ihm klar, wie seine Verantwortung für die Gemeinschaft eigentlich aussieht: Er teilt, was er hat, nutzt seine Macht zum Wohl der Armen.

Happy end? Ja. Das gibt es: Umkehr.
Dank für die unerwartete Gottesbegegnung.
Damals und heute.

Die Prioritäten zugunsten des Glaubens und der Gemeinschaft zu setzen und die eigenen Fähigkeiten einzubringen, davon erzählt nicht nur die alte Geschichte von Zachäus, sondern dafür sind hier Menschen mit sehr eindrucksvollen Biographien.
Es werden heute zwei Presbyterinnen verabschiedet, die 32 Jahre dieser Gemeinde gedient haben im Presbyterium. Frau Akstinat und Frau Schneider, dazu Frau Berg mit 28 Jahren Mitgliedschaft im Presbyterium….Sie waren schon da, als ich hier in Hennef noch sogenannte Hilfspredigerin zur Entlastung des damaligen Superintendenten Corts war.
Frau Reiter und Frau Diedenhofen, die Herren Schoneberg und Schmitz, alle auch mit langjähriger Zugehörigkeit.
Sie alle haben sozusagen „Presbyteramt plus“ gemacht, nämlich zusätzlich weitere Funktionen übernommen, als Finanzkirchmeister oder Öffentlichkeitsbeauftragte, als Kreisoder Landessynodale oder überregional beim Presbytertelefon als Ratgeberin für andere. Bei der letzten Wahl haben Sie den Staffelstab weitergegeben. Es sind – Gott sei´s gedankt – neue Menschen bereit, diese Verantwortung zu übernehmen.
Dazu zählt beispielsweise Lennart Wipperfürth, der jüngste Presbyter weit und breit.

Viele Gaben, viele Glieder – durchaus unterschiedlich – aber ein Leib und ein Geist. Gottes Segen für Ihr Aufgabe!

Und der Friede Gottes, höher als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Superintendentin Almut van Niekerk hielt diese Predigt am 13. September 2020 anläßlich eines Freiluftgottesdienstes zur Einführung des neuen Presbyteriums im Hennefer Kurpark.