Der Engel begleitet Dich!

„Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ (1. Könige 19,7)

Das ist der Monatsspruch für Juli. Er kommt aus dem Mund eines Engels.
Der Engel berührt Elia, der sich in der Wüste unter einen Ginsterstrauch gelegt und aufgegeben hat. „Es ist genug.“
Elia ist weggelaufen. Er flieht vor Todesgefahr. Er kann nicht mehr und er will nicht mehr, er ist zu Tode betrübt und erschöpft. Es ist genug. Und er legt sich hin und schläft ein unter dem Ginster.

Diesen Satz sagt der Engel auch zu uns
„Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ Viele von uns haben es auch längst satt: Diese ganze Corona-Diskussion, täglich neue und andere Informationen, Verordnungen und Auflagen, Diskussionen, mit Masken herumlaufen, Sozialkontakte meiden, sich nicht berühren dürfen.
„Es ist genug.“ Die Menschen, die in Pflegeheimen isoliert sind, die die in Krankenhäusern liegen, Schmerzen leiden, ohne Besuch; die, die zu viel Zeit alleine verbringen und sich nach Berührung sehnen und die, die mit der Organisation von Homeoffice und Onlineunterricht überfordert sind; die, deren wirtschaftliche Existenz gerade ruiniert wird, so viele können einstimmen in das: Es ist genug! So kann das doch nicht weiter gehen!

Elias Not ist gesehen
„Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ Ihm wird Wegzehrung geschickt. Geröstetes Brot und ein Krug frisches Wasser. Nichts Spektakuläres. Aber Nahrung mitten in der Wüste, Erfrischung, Hausmannskost. Elia isst und trinkt und legt sich wieder schlafen und ein zweites Mal wird er berührt, geweckt, gestärkt – und dann geht er los!

Es ist ein weiter Weg
Es ist ein unbestimmter Weg. Mitten in der Krise wissen wir nicht, wann ein Ende in Sicht kommen wird. Wir wissen nicht, wann wir wieder „normale“ Gottesdienste werden feiern dürfen, mit Abendmahl, mit Singen aus vollem Halse, mit Begrüßung per Handschlag und Nebeneinandersitzen in der Kirchenbank. Wir wissen nicht, wann sich Gruppen wieder treffen dürfen zum Tanzen und zum Singen, zum Diskutieren, zum Lernen und – zum Feiern. Wir wissen nicht, wann es wieder ein Gemeindefest geben kann, Hochzeitsfeste, wann in den Schulen wieder der normale Betrieb auf-genommen wird und in den Kindergärten die Kinder zusammenspielen dürfen. Wir wissen nicht, wann wieder alle ihrer Arbeit nachgehen und ihren Lebensunterhalt verdienen können.
Das kann noch dauern.

Der Engel ist realistisch
„Du hast einen weiten Weg vor dir.“ Es gibt Krisen in der je persönlichen Biographie, es gibt globale Krisen, die dauern eine lange Zeit. Ein weiter Weg muss bewältigt werden. Die Trauer um eine geliebte Person, die man verloren hat, kann jahrelang anhalten. Eine Chemo-therapie braucht Monate, um den Krebs in Schach zu halten. Lern- und Veränderungsprozesse können ein Leben lang anhalten. Wir sind unterwegs. Ein langer Weg.

Der Engel ist ein Bote Gottes
Wir sind gesehen. Gott schickt Menschen und Engel, die uns beistehen, trösten und stärken. Nichts Spektakuläres, aber Hilfe zum Leben, Erfrischung, Wegzehrung. Eine Berührung, geröstetes Brot und Wasser, die Erlaubnis zu schlafen und ein ermutigendes Wort.

Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott uns durch Krisen hindurch begleitet – durch Schuld und Scham, durch Schmerz und Verzweiflung, durch Einsamkeit und Ungewissheit. Steh auf. Iss und Trink. Gott ist da. Auch in der Wüste, in der Selbstaufgabe und im Tod.
Es gibt Zukunft für Dich – vor dir. Gott traut uns unseren Weg zu.
Trauen wir ihm? Dass er Wege findet, uns für unseren Weg zu stärken?

Herzliche Grüße von
Antje Bertenrath, Pfarrerin